Das DenkMal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur in Erfurt
Am 1. September 1995 wurde am Erfurter Petersberg das von dem Künstler Thomas Nicolai gestaltete DenkMal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur eingeweiht. Vorausgegangen war eine kurze, aber heftig geführte Debatte weit über die Stadtgrenzen hinaus.
Über Jahrzehnte hinweg war das Thema der Wehrmachtsdeserteure verschwiegen und von vielen verdrängt worden. Die Urteile der Wehrmachtsjustiz blieben in Kraft, die Hinterbliebenen erhielten keinerlei Entschädigung oder anderweitige Unterstützung, die wenigen überlebenden Deserteure galten weithin als Feiglinge und die Urteile als rechtmäßig.
Ende der 1970er Jahre wurde Desertation im Zusammenhang mit der entstehenden Friedensbewegung wieder zum Thema. Erste Initiativen zur Errichtung von Denkmälern entstanden, nach meist langwierigen Prozessen dann auch erste Erinnerungsstätten. Politische Initiativen zur nachträglichen Aufhebung der Urteile und zu Wiedergutmachungsleistungen scheiterten im Bundestag wiederholt. Im September 1994 erfolgte ein neuerlich ablehnender Beschluss.
Ende 1994 bildete sich in Erfurt eine Initiative für die Errichtung eines Denkmals am Petersberg. Hier waren bis 1945 Urteile gegen Deserteure verhängt worden, weitgehend Todesurteile. Zumeist wurden die Betroffenen dann nach Weimar gebracht und dort hingerichtet. Manche Todesurteile wurden aber auch am Petersberg vollstreckt.

Hatte es in anderen Städten zum Teil mehrere Jahre gebraucht, bis örtliche Initiativen ein solches Denkmal durchgesetzt hatten, so gelang das in Erfurt innerhalb von etwa zehn Monaten; das aber nicht, weil es keinen Widerstand gegeben hätte, im Gegenteil: Der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sah in einem Denkmal für Wehrmachtsdesertuere „eine Herabwürdigung derer, die tapfer ihre Pflicht in den Weltkriegen erfüllt haben“, eine Kunstkommission der Stadt Erfurt befand das fast fertige Denkml schlicht als keine Kunst, wenige Tage vor der Einweihung verhängte der damalige Oberbürgermeister Manfred Ruge (CDU) einen Baustop. Erst ein nochmaliger Beschluss des Stadtrates machte den Weg für die Einweihung am 1. September frei, Manfred Ruge ließ über die Medien wissen: „Heute schaudert mich“.
Mehr als fünfzig Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde das DenkMal an eingeweiht – unweit der Stelle, wo wenige Stunden vor der Befreiung Erfurts 1945 fünf Deserteure hingerichtet worden waren. Für ihre Überführung zur eigentlichen Hinrichtungsstätte in Weimar war keine Zeit mehr gewesen.
Die Gesamtzahl ermordeter Deserteure der Wehrmacht ist nicht ermittelt, Schätzungen gehen von mehr als 20.000 Hingerichteten aus.
Erst 1998 beschloss der Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung der Deserteure und eine symbolische Entschädigung der Überlebenden und ihrer Angehörigen, allerdings erst nach einer Einzelfallprüfung. 2002 wurden die Urteile der Militärgerichte gegen Deserteure der Wehrmacht pauschal aufgehoben wurden. Am 8. September 2008 beschloss der Bundestag, sämtliche Urteile der NS-Militärjustiz aufzuheben und die Verurteilten zu rehabilitieren.