Seit 1978 findet an jedem Donnerstag in der Lorenzkirche am Anger das ökumenische Friedensgebet statt. Es ist das älteste Friedensgebet im ostdeutschen Raum – älter sogar als das (bekanntere) Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche. Damals, 1978, waren die anfangs spontan einberufenen Gebete eine sehr spezielle und konsequente Form des Protests. Erfurter Christen „antworteten“ damit auf die Einführung des Wehrkunde-Unterrichts an den staatlichen Schulen durch die DDR-Bildungsministerin Margot Honecker. Die vom Staat verordnete, schleichende Militarisierung der Jugend – für viele Christen, auch in Erfurt, ein absolutes „no go“. Sie äußerten Ihre Ablehnung unter anderem, indem sie Protestbriefe an staatliche Stellen schickten. Als das nichts half, suchten sie einen anderen Weg, die eigene Ohnmacht, das innere Aufbegehren in aktives Handeln umzuwandeln: die Friedensgebete waren geboren. 

1989/90  bot die starke Tradition der Friedensgebete für die Bürgerbewegung und die Friedliche Revolution gleichsam „aus dem Stand“ einen Raum und inhaltlichen Grundkonsens an, um mit den Leitgedanken „Keine Gewalt“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“ aus der Kirche auf die Straße zu gehen. 

Viele Menschen, die das wöchentliche Friedensgebet jahrein jahraus weiter tragen, gehörten 1995 auch zu den Unterstützern der Initiative für das Erfurter Deserteursdenkmal. So ist es folgerichtig und naheliegend, in der Woche vor dem 30. Jahrestag der Denkmal-Einweihung auch zu einem besonderen Friedensgebet einzuladen.